6. 12. 20 Die politische Heimat der Querdenker

Bisher war für die Medien klar: Wer bei den Querdenker-Demonstrationen mitmacht, ist entweder ein Reichbürger oder ein Rechtsextremer oder ein subversiven Wirrkopf. Oder gehört zumindest zu den bildungsfernen Schichten, weil er mit den Rechtsextremen gemeinsame Sache macht.  

Nun hat der FOCUS veröffentlicht: Unter den Anhängern der "Querdenker"-Bewegung ist der Anteil der Wähler der Grünen, der Linkspartei sowie der AfD relativ hoch. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des deutschen Gesellschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Oliver Nachtwey, der zur Zeit an der Universität Basel lehrt.  

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zitiert die Nachtwey´sche Studie:
"Bei der letzten Bundestagswahl haben nach unserer Befragung 21 Prozent die Grünen und 17 Prozent die Linke gewählt. Der AfD haben 14 Prozent ihre Stimme gegeben. Bei der nächsten Bundestagswahl wollen nun aber 30 Prozent der AfD ihre Stimme geben", sagte Nachtwey.

Damit stellt Rot-Grün die relative Mehrheit der angeblich so rechten Umstürzler, Verschwörungstheoretiker und „Covidioten“.

Nachtwey sieht eine Entfremdung von den Institutionen des politischen Systems, den etablierten Medien und den alten Volksparteien als wesens- und stilbildend für die neue Protestbewegung. Sie sei eine Form des Widerstandes, „die mehr von links kommt, aber stärker nach rechts geht, sie ist jedoch enorm widersprüchlich.“ Sozialstrukturell handele es sich um eine relativ alte und relativ akademische Bewegung. Das Durchschnittsalter betrage 47 Jahre, 31 Prozent hätten Abitur, 34 Prozent einen Studienabschluss, der Anteil Selbstständiger sei deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung, zitiert „Focus“ den Wissenschaftler.

Natürlich darf – sonst wäre die Studie wahrscheinlich in den etablierten Medien gänzlich ignoriert worden – auch bei Nachtwey die Behauptung  nicht fehlen, für die Bewegung seien ferner auch antisemitische Vorurteile typisch, die zu einigen Verschwörungstheorien gehörten. Tatsächlich handelt es sich dabei allerdings nur um absolute Randerscheinungen – wenn sie auch von der Journaille als praktisch mehrheitsrelevant und ausschlaggebend dargestellt werden. Dass autoritäres Denken, Fremdenfeindlichkeit oder die Verharmlosung des Nationalsozialismus unter den Anhängern der Bewegung weniger verbreitet sind (anders als in der öffentlichen Diskussion behauptet), räumt auch Nachtwey ein.

Was bedeuten die Ergebnisse der Studie?

Der Verfassungsschutz muss sich schleunigst  umorientieren. Steht der Feind bei den Quer-Demos wirklich rechts?
Die alten Narrative funktionieren nicht mehr; deshalb darf von den berichtenden Medien auch mehr Korrektheit eingefordert werden.
Und die Grünen? Sie sollten sich bei ihren Kampagnen gegen Querdenker mehr zurückhalten – wenn sie nicht ihre eigene Wählerklientel beleidigen und verprellen wollen.

Noch eine Ergänzung in eigener Sache: Der Verfasser dieser Zeilen ist durch Corona erheblich gefährdet und steht deshalb mit seiner Meinung vollkommen außerhalb der Querdenker-Denke. Aber Recht muss auch hier Recht bleiben!