12. 10. 2020 Giffeys Doktorarbeit

Es ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet der Asta der Freien Universität Berlin die SPD-Ministerin Franziska Giffey „in die Pfanne haut“, sind doch sonst die Studentenausschüsse stramm links ausgerichtet.

Doch der Reihe nach: Giffey promovierte 2010 am Otto-Suhr-Institut der FU mit einer Arbeit zum Thema „Europas Weg zum Bürger“. Die Arbeit wurde mit magna cum laude (sehr gut) bewertet. Aber die  Plattform „VroniPlag Wiki“ hatte in dieser Doktorarbeit bei 119 Stellen wissenschaftliches Fehlverhalten gerügt, und das auf 76 von insgesamt 205 untersuchten Seiten. Dort habe Giffey in mindestens 72 Fällen für ihre Aussagen Quellen angegeben, die offenbar „willkürlich gewählt“ seien.

Vor ziemlich genau einem Jahr (31.10.2019) legte das Prüfungsgremium der Freien Universität seinen Abschlussbericht vor. In der Doktorarbeit der Ministerin rügte man 27 Textstellen, an denen sie ohne Quellenangabe fremde Autoren zitiert hatte. Im Ergebnis übernahm man von den 119 angeprangerten Stellen der Wiki-Plattform nur diese 27 Punkte, beließ es bei einer Rüge und verzichtete auf den Entzug des Doktortitels.

Warum es nur 27 Textstellen waren, bleibt das Geheimnis des Prüfungsgremiums. Böse Zungen behaupteten schon damals, dass die SPD-Genossen zusammengehalten hätten. Denn dem Berliner CDU-Mann Frank Steffel, dem CSU-Minister von und zu Guttenberg sowie der CDU-Ministerin Schavan wurde diese Milde nicht zugebilligt.  

Nunmehr ist der bislang geheime Schlussbericht des Gremiums, das aus drei Professorinnen und Professoren der Freien Universität, einem externen Professor sowie einer promovierten akademischen Mitarbeiterin der FU bestand, vom Allgemeinen Studentenausschuss der FU veröffentlicht worden und kann von jedermann gelesen werden.

An fünf Stellen fanden die Gutachter demnach ein „klassisches Plagiat“. Darunter verstanden sie Stellen, bei denen ganze Sätze oder noch größere Textpassagen wörtlich aus einer nicht genannten Quelle übernommen wurden. An 22 weiteren Stellen wurden deutliche Textübernahmen oder Paraphrasen ohne einschlägige Quellenangabe ausgemacht. Sprich: Hier übernahm Franziska Giffey Textteile zwar nicht wortwörtlich, aber sinngemäß aus anderen Texten, ohne das explizit kenntlich zu machen. „Im Gremium bestand Konsens darüber, dass diese 27 Textstellen den Tatbestand der 'objektiven Täuschung' erfüllen“, heißt es hierzu im Gutachten.

Wie auch immer, die Angelegenheit ist ein Skandal, weil der Doktorvater von Frau Giffey es nicht bemerkt hat oder nicht bemerken wollte, das Prüfungsgremium „nur“ eine Rüge vorschlug und die Universität mit ihrem Rektor an der Spitze sich dem anschloss, obwohl eine Rüge als Strafe gar nicht vorgesehen ist.

Das Urteil der FU war schon seinerzeit von Plagiatsexperten kritisiert worden: Eine Doktorarbeit lasse sich nicht einfach in einen „guten“ und einen „schlechten“ Teil aufspalten. Gerichte hätten auch immer wieder klar gemacht, dass es irrelevant ist, in welchem Teil der Arbeit Plagiate auftauchten. Schon wenige Stellen reichten aus, damit der Titel entzogen werden könne, wurde damals argumentiert.

Nach Rechtsauffassung des Asta steht das FU-Präsidium nun in der Pflicht, Giffey ihren Doktortitel zu entziehen. Die Bundesfamilienministerin habe erwiesenermaßen ein „sanktionswürdiges wissenschaftliches Fehlverhalten“ mit bedingtem Vorsatz begangen.

Man wird sehen, wie Prof. Battis, den wir in Potsdam aus anderen Fällen kennen, die Angelegenheit bewertet. Er ist nämlich mit einem Gutachten beauftragt worden, ob eine Rüge rechtlich zulässig sei.