8. 10. 2020 Das Ulmer Münster und die Heiligen Drei Könige

Zur Erinnerung: Einmal im Jahr, nämlich am Nikolaustag, kommt der Sinterklaas (St. Nikolaus) mit seinen Begleitern, den  Zwaarte Piets (Schwarze Peter) ins Potsdamer Holländischen Viertel. Seit ein paar Jahren dürfen die Zwaarte Piets ihr Gesicht nicht mehr schwarz anmalen, weil das rassistisch sei.

Die Potsdamer Demokraten haben das als völlig überzogen angeprangert und dabei auf die Beduinen, Neger oder Indianer im Karneval verwiesen, die oft als Verkleidung für die Jecken herhalten müssen. Und wir haben als weitere Beispiel für die überzogene Rassismus-Debatte die Heiligen Drei Könige genannt, von denen einer (Melchior) als Schwarzer dargestellt wird und damit auch die Dritte Welt in die Heilsgeschichte einbezieht. Der dürfe ja nun auch  nicht mehr von weißen Kindern mit schwarzgemalten Gesichtern dargestellt werden.

Was als humoristische Anmerkung gedacht war, wird nun bei der evangelischen Kirche Ernst. Sie bringt es tatsächlich in Gestalt der Ulmer Münstergemeinde fertig, aus rassistischen Gründen den schwarzen König aus der Weihnachtskrippe zu verbannen. Und damit das nicht so auffällt, dürfen die anderen beiden auch nicht mehr mitspielen: Kein Melchior, kein Kaspar und kein Balthasar! Und schnell muss noch eine andere Weihnachtsgeschichte her, nämlich die nach Lukas, in der die Heiligen Drei Könige nicht erwähnt werden.

Der Dekan der Münstergemeinde in Ulm, Ernst-Wilhelm Gohl, gab zu, dass man damit auch auf die andauernde Rassismus-Debatte in Deutschland reagiere. Aber der eigentliche Grund sei, dass „seine klischeehafte Darstellung mitsamt Feder-Kopfschmuck, mit seinen dicken Lippen und der unförmigen Statur aus heutiger Sicht eindeutig als rassistisch anzusehen ist“, lenkt Gohl ab. Dies könne und wolle die Gemeinde so nicht darstellen. Man werde jetzt erst einmal Gras über die Sache wachsen lassen und im neuen Jahr darüber nachdenken, wie man weiter mit der Angelegenheit verfährt.

Für die nicht so Bibelkundigen: Die Heiligen Drei Könige sind dem Stern von Bethlehem gefolgt und haben in der Krippe das neugeborene Christkind angebetet. Die Bibel nennt die Namen der Drei, die auch als die Drei Weisen aus dem Morgenland bezeichnet werden, nirgendwo. Im Neuen Testament ist weder von Königen die Rede noch wird ihre Zahl genannt. Konkrete Vorstellungen zu diesen und anderen Details in den biblischen Erzählungen machte man sich erst seit dem 3. Jahrhundert. Deshalb variieren ihre Namen und das Aussehen der drei legendären Könige seit dem Mittelalter je nach Land und Sprache.

Vermutlich ist das Theater in Ulm eine Folge einer andere Rassismus-Debatte: Eine Straße im Zentrum der Stadt unweit des Rathauses heißt nämlich Mohrengasse. Und das wiederum erinnert an die Berliner Mohrenstraße, die zusammen mit Onkel Toms Hütte ebenfalls Gegenstand von Diskussionen ist.

Wir haben ja keine anderen Sorgen!