2. 10. 2020 „Bullen auf den Müll“ - Keine Beleidigung, keine Volksverhetzung

Angefangen hat das alles vor vielen Jahren mit dem Spruch der Linken „Soldaten sind Mörder“. Schon damals urteilten deutsche Gerichte, das sei keine Beleidigung und auch keine Volksverhetzung. Wenn konkret der Gefreite Meier oder der Leutnant Müller angesprochen wäre, sei das etwas anderes. So aber sei es nur die Institution. Mit anderen Worten: Wenn man über die konkreten einzelnen Soldaten hinaus auch alle anderen beleidigt, bleibt das straffrei. Und warum es dann keine Volksverhetzung ist, wissen auch nur Richter juristisch zu begründen.

Dann kam „ACAB“ (All Cops are Bastards), natürlich auch von den linken Antifa-Freunden. Diesen Spruch fand man übrigens später noch lange Jahre an der Wand der den Linken überlassenen Häuser in der Potsdamer Zeppelinstraße.

Dann schlug der deutsche Scherzkeks und Comedian Jan Böhmermann im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu, der den türkischen Präsidenten als „Ziegen-F…“ bezeichnete, worauf der Bundestag flugs das Strafgesetzbuch änderte und den Paragraphen strich, der die Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter unter Sanktion stellte. Dass in dem von Erdogan initiierten Strafverfahren auch hier die Richter keine Beleigigung sahen, sei nur am Rande erwaähnt.

In der jüngseren Vergangenheit ging es mit ähnlichen unsäglichen Ausdrücken gegenüber der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weigel oder der Bündnisgrünen Renate Künast weiter, die diese Äußerungen nach Meinung der zuständigen Richter mit dem Hinweis auf die „Meinungsäußerungs-freiheit“ hinnehmen mussten.

Ist es bei dieser Rechtsprechung ein Wunder, dass wir heute im Internet eine Verrohung der Sprache feststellen, die ihresgleichen sucht?

Jetzt hat es nach Bundeswehr und Politik wieder die Polizei erwischt. Am 15. Juni 2020 meldete sich Hengameh Yaghoobifarah (HY) in der Print- und Online-Ausgabe der Tageszeitung „taz“ unter dem Titel „All cops are berufsunfähig“ zu Wort und ließ sich darüber aus, was man mit den Beamten einer abgeschafften Polizei in der Gesellschaft noch anfangen könne. Wie schon damals der Presse zu entnehmen war, wollte sie die Bediensteten auf dem Müll entsorgen.

Eigentlich ist es Schnee von gestern, aber ein wackerer Bediensteter der Berliner Polizei (warum eigentlich keine Polizeigewerkschaft) ließ sich nicht vom Bundesinnenminister anstecken und erstattete persönlich Anzeige gegen die Autorin wegen Beleidigung und Volksverhetzung. Vor ein paar Tagen kam die Einstellungsverfügung der Berliner Staatsanwaltschaft mit immerhin sechs Seiten Begründung dafür, weshalb die Veröffentlichung der „taz“ keine Straftat darstelle und Frau HY keine Schuld auf sich geladen habe. Eine solche Ausführlichkeit ist bei eingestellten Verfahren eher selten. In der Verfügung schrieb die zuständige Staatsanwältin:

„Bei der Ermittlung des tatsächlichen Inhalts des Beitrages der Beschuldigten Y. aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen und zur Gesamtbetrachtung bereiten Beobachters und unter Anwendung des dargestellten verfassungsrechtlichen Maßstabs, stellt sich dieser als – wenn auch polemische und herablassende – rechtlich zulässige Kritik an deutschen Polizeibeamten bzw. dem Berufsbild des Polizeibeamten und insbesondere nicht als Schmähung dar.
Schließlich konnte im Ergebnis der Prüfung auch kein Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 2 festgestellt werden.“ 

Schauen wir uns doch noch ein bisschen mehr aus dem Schmähartikel der Frau HY an, die 1991 in Kiel als Kind iranischer Einwanderer geboren und nach dem Abitur Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik studiert hatte. Sie schrieb:
„Ich hingegen frage mich: Wenn die Polizei abgeschafft wird, der Kapitalismus jedoch nicht, in welche Branchen kann man Ex-Cops dann überhaupt noch reinlassen? Schließlich ist der Anteil an autoritären Persönlichkeiten und solchen mit Fascho-Mindset in dieser Berufsgruppe überdurchschnittlich hoch.“
Und weiter: 
„Ob Behörden, Lehrer_innen, Justiz, Politik, Ärzt_innen oder Sicherheitskräfte: Machtpositionen gegenüber anderen Menschen kommen nicht infrage. Streng genommen möchte man sie nicht einmal in die Nähe von Tieren lassen.“

Das Fazit der Autorin zu den Zukunftschancen einer Polizei, die sie gern abschaffen möchte:
„Und wenn man sie einfach Keramik bemalen ließe? Nein. Zu naheliegend, dass sie unter der Hand Hakenkreuz-Teeservices herstellen und mit den Einnahmen das nächste Terrornetzwerk querfinanzieren. Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: Die Mülldeponie. …wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“

Ironie des Schicksals. Kurz nach dem Erscheinen des Textes bat Frau H.Y. die Polizei um Schutz ihrer Person, da einige Leser es wohl bei der blanken Empörung nicht belassen hatten. Welch ein Glück für die sie, dass die Polizei zu diesem Zeitpunkt noch existierte und sich der Bitte nicht entziehen konnte.

Frau H.Y hat aus ihrer Ablehnung des Kapitalismus und ihren linken Einstellungen gegenüber dem Rechtsstaat nie einen Hehl gemacht. Insofern reiht sich der taz-Text nahtlos in ihr Schaffen ein. Es kommen allerdings Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer linken Einstellungen auf, wenn man sieht, dass sie jetzt Werbung für das Ka-De-We macht.