19. 2. 2020 Wer sind die Täter antisemitischer Straftaten?

2016 gab es in Deutschland 1486 Straftaten mit antisemitischer Motivation, von denen 1381 Taten (= 94 %) vom Bundeskriminalamt Rechtsradikalen als Täter zugeschrieben wurden. 2018  - neuere Daten liegen noch nicht vor - gab es 1.799 antisemitische Straftaten in Deutschland. Davon seien lt. Bundeskriminalamt 1.603 Taten von Rechtsextremisten begangen worden, 14 Taten von Linksextremisten,  bei 102 Taten handele es sich Täter mit einer ausländischen Ideologie, und 28 Taten seien nicht zuzuordnen. Kein Wunder, dass Presse und Bevölkerung vor allem Rechtsradikale und –extremisten als Täter derartiger Taten wahrnehmen.

Aber stimmt das wirklich? Es existiert ein ungeklärter Widerspruch zwischen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) und einschlägigen wissenschaftlichen Erhebungen. Denn die PKS des BKA schrieb auch 2018 insgesamt 89,1 Prozent der antisemitischen Straftaten rechtsradikalen Tätern zu.

Im Jahre 2016 gab es eine Studie des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld, bei der die Geschädigten andere Angaben gemacht hatten: Im Gegensatz zur PKS waren körperliche Angriffe zu 25 Prozent von linksradikaler Seite, zu 19 Prozent von rechtsradikaler Seite und zu 81 Prozent von muslimischer Seite erfolgt (Mehrfachnennungen waren möglich).

Aus einer Umfrage, die 2018 von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) unter mehr als 16.000 Menschen jüdischen Glaubens in zwölf europäischen Ländern erhoben wurde, ergab sich nicht nur, dass nirgends so viele Menschen wie in Deutschland antisemitisch belästigt wurden, nämlich 41 Prozent. Auch nannten - abweichend zum europäischen Durchschnitt - in Deutschland die Geschädigten zu 41 Prozent  Muslime als Täter, während Rechtextremisten zu 20 Prozent und Linksextremisten zu 16 Prozent als Täter bezeichnet wurden.

Eine schon 2003 durchgeführte Auftrags-Studie des Zentrums für Antisemitismus-Forschung in Berlin (von der EU finanziert) kam zu dem Ergebnis, dass Menschen aus muslimischen Einwandererfamilien in einigen Ländern Träger eines militanten Antisemitismus seien. Die Studie wurde jedoch nicht veröffentlicht, vermutlich waren die Ergebnisse nicht erwünscht.

Nun kann man lange mutmaßen, warum sich diese Erhebungen nicht in der PKS widerspiegeln. Dies sei an dieser Stelle dem Leser überlassen.

Als lautstärkste macht die 2005 gegründete antizionistisch-linke Organisation namens BDS „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ (englisch Boycott, Divestment, Sanctions) international von sich reden, die besonders in England aktiv ist und dem Staat Israel vorwirft, ein Apartheid-System zu sein wie seinerzeit Südafrika.

In Deutschland gibt es BDS-Gruppen vor allem in Berlin, Bonn und Stuttgart. Ihre Mitglieder griffen wiederholt die ITB (Internationale Tourismusbörse) in Berlin an, um Israels Ausschluss zu erreichen. Im November 2011 begannen sie einen landesweiten Protest gegen israelische Agrarprodukte in Berlin, Hamburg, Heidelberg, München und Stuttgart.

Und der Leser darf erneut darüber rätseln, warum BDS kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist.

Zusammenfassend sei darauf hingewiesen, dass Straftaten gegen Menschen nicht tolerierbar sind, Das gilt besonders, wenn es sich um Menschen anderen Glaubens, anderer Hautfarbe oder anderer Herkunft handelt. Und auch um solche mit einer anderen politischen Einstellung!

Aber eine Prävention sowie eine Aufklärung der Straftaten sind nur möglich, wenn man ehrlich die Täter benennt. Bei diesen Widersprüchen entstehen dann doch Zweifel.