19. 2. 2020 Die Grundrente – gut gedacht und schlecht gemacht

Nicht zuletzt wegen der gebrochenen Erwerbsbiographien geraten immer mehr ehemalige DDR-Bürger in die Altersarmut, haben sie doch oft durch die Wende ihren Arbeitsplatz verloren oder wurden herabgestuft und mit minderwertigeren Aufgaben betraut, so dass die Rente später entsprechend gering ausfiel.

Gut, dass dieses Problem nach rund dreißig Jahren auch bei der Bundespolitik angekommen ist und dass man über Lösungsmöglichkeiten nachdachte. Insofern ist die Grundrente gut gedacht und ein Schritt in die richtige Richtung. Danach soll nach 33 Beitragsjahren die Rente um bis zu 404,86 Euro pro Monat steigen.  Sicherlich wird sich der Sozialminister Heil (SPD) zusammen mit seinem Parteikollegen, dem Bundesfinanzminister Scholz, etwas dabei gedacht haben, dass es keine runde Summe wurde, sondern dass noch 86 Cent hinten drauf kamen.

Soweit der positive Teil! Aber offensichtlich ist sie schlecht gemacht, denn wie ist das mit der Grenze von 33 Beitragsjahren? Wer nur 32 Jahre und 11 Monate Beiträge geleistet hat, geht leer aus. Gerade die Menschen, die weniger als 33 Beitragsjahre aufzuweisen haben,  sind am bedürftigsten, wobei auf die Möglichkeit der Aufstockung auf Hartz IV-Sätze hingewiesen werden sollte.

Und wie ist das mit der Einkommensprüfung? Eine der reichsten Frauen Bad Godesbergs hat in jungen Jahren im Geschäft ihres Vaters mitgearbeitet und dabei einen Rentenanspruch von ca. 375 Euro erworben, den die Rentenkasse auch brav gezahlt hat. Sie hat aber als Geschäftsfrau ihre Beiträge  nicht freiwillig weiter gezahlt, sondern von dem ersparten Geld im Laufe ihres Lebens mehr als 40 Häuser erworben, von deren Mieteinnahmen sie fürstlich leben kann.

Pars pro toto! Von diesen Menschen gibt es in Westdeutschland Hunderttausende. Warum ihre Rente auf Kosten der Beitragszahler oder der Steuerzahler aufgebessert werden soll, ist nicht nachvollziehbar, wenn man an die Finanzierung dieses Geldsegens denkt. Bleibt zu hoffen, dass derartige Leute die 33 Jahre Beitragszahlung nicht erreicht haben.

Also hat man nach langem Ringen gegen den ausdrücklichen Willen des Sozialministers Heil nun doch eine Bedürftigkeitsgrenze gefunden, nämlich 15.00 Euro pro Jahr bei Singles und 23.400 Euro bei Zusammenlebenden (Ehepaare und Partnerschaften). Umgerechnet sind das 1.250 Euro monatlich bei Alleinlebenden und 1.950 Euro bei Partnerschaften.  Erst danach erfolgt die Bedürftigkeitsprüfung. Das könnte einem gleichgültig sein, müssten nicht für diese hochgerechneten 1,6 Mrd. Euro die Steuerzahler aufkommen, also wir alle.

Mit der Finanzierung tun sich eh Sozialpolitiker – wie immer - schwer.  Das gilt nicht nur für die Stadtverordnetenversammlung in Potsdam, deren soziale Wohltaten oft von den Potsdamer Demokraten angeprangert worden sind, sondern auch für die Bundespolitiker, zumal es dort um ungleich höhere Beträge geht.
Für die Finanzierung der Grundrente ist vollmundig von einer Finanztransaktionssteuer die Rede, die es allerdings noch nicht gibt und die vermutlich auch nicht einführbar ist, haben doch andere Länder der EU erhebliche Vorbehalte. Aber egal, ob sie mit oder ohne Finanztransaktionssteuer aus dem Steuersäckel gezahlt wird, wir haben auch in anderen Bereichen erheblichen Finanzbedarf, so dass man das Geld (an Nicht-Bedürftige) nicht zum Fenster hinauswerfen darf.

Aber wer will das schon genauer wissen, stehen doch in Hamburg Landtagswahlen und in NW Kommunalwahlen vor der Tür, von dem Wahlmarathon des Jahres 2021 mit einer Bundestagswahl und vielen Landtagswahlen einmal abgesehen. Da kann man sich vor sozialen Wohltaten gar nicht retten, unter denen die kommenden Generationen zu leiden haben werden! Hier sei daran erinnert, dass wir trotz sprudelnder Steuereinnahmen immer noch ca. zwei Billionen Euro an Staatsschulden haben

Fassen wir zusammen: Die Grundrente ist eine gute Idee für die bedürftigen Alten! Die Bedürftigkeitsprüfung, die erst bei mehr als 1.250 Euro resp. 1950 Euro pro Monat einsetzt, ist deutlich zu hoch geplant. Und über die Finanzierung sollte man sich klar sein, bevor man derartige Gesetze einbringt. 

Also: Gut gedacht und schlecht gemacht!