15. 11. 2019 Union und SPD subventionieren die Printpresse

Gestern sollte in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses entschieden werden, ob den Zeitungsverlagen zukünftig jährlich 100 Mio. Euro an Unterstützungsleistungen für den Vertrieb ihrer Blätter zur Verfügung gestellt werden.
Der Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung für eine „Infrastrukturförderung der Zustellung von Anzeigenblättern und Tageszeitungen“ ist am Montag am Bundestag vorbei an die Fraktionsspitzen und haushaltspolitischen Sprecher von CDU/CSU und SPD übermittelt worden. Im Vorfeld wurde über das Vorhaben von Hubertus Heil auch nicht berichtet. Damit ist der Vorgang offensichtlich ein Versuch, die Öffentlichkeit und das Parlament, zumindest die Opposition, unbemerkt zu umgehen.

Den  Verlegern kann es gar nicht schnell und tief genug gehen mit dem Griff in die Staatskasse. Sie wussten im Vorfeld mit beredten Worten zu schildern, dass die 100 Mio. nur ein Tropfen auf den bekannten heißen Stein seien und dass sie eigentlich auf insgesamt 645 Millionen aufgestockt werden müssten.

Der Ausschuss bewilligte schlussendlich 40 Mio. Euro.

Trotzdem darf man Bedenken haben. Denn das ist der Einstieg in die staatliche Subventionierung von Tageszeitungen. Man kann die Erhöhungen in den kommenden Haushalten heute schon ahnen. Mit der Subventionierung der Zeitungsverlage wird das Prinzip, Medien über die Finanzierung staatsfreundlich zu führen, auch auf die privatwirtschaftlichen Verlage übertragen. ARD, ZDF und Deutschlandfunk lassen grüßen, werden sie doch über unsere Zwangsabgaben finanziert.

Hubertus Heil und seine SPD wirtschaften dabei auch in die eigene Tasche. Wie von den Potsdamer Demokraten schon des öfteren berichtet, ist die SPD über ihre 100-Prozent-Tochter Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (ddvg) mit Sitz in Berlin und Zweigniederlassung in Hamburg an diversen Verlagen und Medienkonzernen beteiligt. Zum Beispiel an der DDV Mediengruppe (u.a. Sächsische Zeitung), am Frankenpost-Verlag und am Madsack-Konzern (u.a. Hannoversche Allgemeine Zeitung, Leipziger Volkszeitung, Ostseezeitung, Märkische Allgemeine). 

Das „Herz“ des Madsack-Konzerns aber ist die Verlagsgesellschaft Madsack. Rund 155 Unternehmen gehören laut Konzernabschluss 2017 dazu.

Besondere Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass Madsack das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) betreibt. Das ist eine Zentralredaktion in Hannover und Berlin, die deutschlandweit fast 50 Zeitungen mit gemeinsamen Inhalten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur beliefert. Darunter befinden sich nicht nur die Madsack-Zeitungen, sondern auch Zeitungen, an denen die SPD/DDVG anderweitig beteiligt ist (z.B. Neue Westfälische zu 100 Prozent), sowie zahlreiche Zeitungen anderer Verlage wie insbesondere des Dumont-Konzerns (z.B. bis zum November die Berliner Zeitung, Berliner Kurier, aber auch der Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau). Hubertus Heil hat damit eine Subventionierungsvorlage geliefert, die zu einem wesentlichen Teil der eigenen Partei indirekt zufließt.

Übrigens sind die Verleger schon bei der Einführung des Mindestlohns bevorzugt worden. So haben die Zeitungsausträger bis zum 31. Dezember 2017 nur einen reduzierten Mindestlohn von zunächst 75 Prozent und später von 8,50 Euro bekommen, statt des damals zu zahlenden Lohns von mindestens 8,84 Euro. Verleger genießen Sonderrechte; die SPD kassiert mit.

Man darf auch verfassungsrechtliche Bedenken haben und hoffen, dass eine der Oppositionsparteien das Bundesverfassungsgericht auch in diesem Falle anrufen wird. Erinnern wir uns an das Adenauer-Fernsehen, als der damalige Kanzler im Jahre 1961 einen eigenen Fernsehsender neben der ARD einrichten wollte, um ein Pendant zu den kritischen Berichten des (Ersten) Deutschen Fernsehens zu haben. Dem wurde allerdings durch das Verfassungsgericht ein Strich durch die Rechnung gemacht: „Im Namen des Volkes. Der Bund hat durch die Gründung der Deutschen Fernseh GmbH gegen Artikel 30 und gegen Artikel 5 des Grundgesetzes verstoßen.“
Rundfunk sei eine Kulturangelegenheit, und die sei Ländersache, wofür sei der Bund nicht zuständig sei, so die Begründung. Adenauer konnte sich mit seiner Auffassung, die Vergabe der Sendelizenzen sei Bundeshoheit, nicht durchsetzen.

Analog müsste das auch für die Zeitungen und Anzeigenblätter gelten, die wir Steuerzahler nicht auch noch subventionieren möchten.

Und man muss auch fragen, welche Verlage und welche Zeitungen tatsächlich Zuschüsse bekommen. Bekanntlich steckt der Teufel im Detail. Vermutlich werden es nur die regierungsnahen Leitmedien sein, und das wäre besonders bedenklich, weil der Staat dadurch direkten Einfluss auf die Pressefreiheit hat.

Kein Wunder, dass keine der Potsdamer Zeitungen heute über diesen Beschluss berichtet hat.