12. 10. 2019 Made in China: Forscher untersuchen Plastikmüll im Meer
Plastikmüll im Wasser besteht zu einem großen Teil aus Flaschen. Auch in Deutschland kann es vorkommen, dass eine Plastikflasche von den Fahrgastschiffen oder Sportbooten ins Wasser geweht wird. Aber das sind Einzelfälle, die auch von den Wassersportlern nicht geduldet werden.
Nun zeigt eine Studie von einer entlegenen Insel im Südatlantik, dass der Anteil solcher Behälter am Treibgut rapide ansteigt. Und drei Viertel dieser Behälter stammen inzwischen aus dem weit entfernten Asien, überwiegend aus China, wie ein Team von der Universität Kapstadt in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS") schreibt.
Weltweit werden jährlich rund 300 Millionen Tonnen Plastik produziert – mit einer Steigerungsrate von acht Prozent pro Jahr. Teile davon gelangen in die Ozeane und sammeln sich dort vor allem im Zentrum von Meeresstrudeln zu regelrechten Müllteppichen an. "Dadurch erleben die Küsten von Inseln in der Nähe dieser Zonen oft ungewöhnlich große Mengen Plastikmüll, obwohl sie weit von dessen großen Ursprungsregionen entfernt liegen", schreibt das Team. Doch woher der Abfall genau stammt und wie er ins Meer gelangt, wurde bislang kaum analysiert.
Dies untersuchte das Team nun auf der unbewohnten Insel Inaccessible Island, die mitten im Südatlantik fast 3.000 Kilometer westlich von Kapstadt liegt. Dort gibt es schon seit den 1980er Jahren Untersuchungen von Treibgut. Im Jahr 2009 hatten Forscher an der Westküste der Insel auf 1,1 Kilometern mehr als 3.500 Müllteile gefunden. 2018 zählten sie dort fast 7.400 Funde mit einem Gesamtgewicht von etwa fünf Tonnen. Im Verlauf von 72 Tagen wurden weitere 239 Teile angespült und 477 zusätzlich freigelegt. "Das zählt zu den höchsten Werten, die jemals auf einer Insel weltweit registriert wurden", schreiben sie.
Sowohl 2009 als auch 2018 stellten Flaschen und ähnliche Behälter die größte Teilgruppe am Müll, wobei ihr Anteil von 29 auf 34 Prozent stieg. 98 Prozent der gefundenen Flaschen waren aus Plastik, fast ausschließlich aus Polyethylenterephthalat (PET 87 Prozent) und High-Density-Polyethylen (HDPE knapp 13 Prozent). Die meisten Flaschen, deren Produktionsdatum entzifferbar war, waren ein bis zwei Jahre alt. Davon wiederum waren Trinkflaschen, überwiegend für Wasser, in der Mehrheit.
Interessant war, wie sich die Herkunft der Flaschen veränderte: Während in den 1980er Jahren zwei Drittel davon aus Südamerika stammten, lag 2009 Asien knapp vorn. Im Jahr 2018 kamen drei Viertel der Flaschen aus Asien, mehr als die Hälfte wurde in China gefertigt. Aus Südamerika stammten noch 20 Prozent, aus Afrika und Europa jeweils zwei Prozent.
Die Reise der asiatischen Flaschen dauert wesentlich länger, daher vermuten die Forscher einen anderen Eintragsweg: Sie stammen demnach wohl nicht aus den Ländern selbst, zumal Müll aus China, Japan, Taiwan und Korea überwiegend in den Nordpazifik treibe. Auch Exporte schließen sie als Quelle aus, da China kaum Wasser nach Südafrika und Südamerika liefere.
Stattdessen gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Flaschen von Schiffen direkt ins Meer entsorgt wurden, insbesondere von Handelsschiffen. Kreuzfahrtschiffe werden nicht genannt, sind aber ebenfalls als Verursacher denkbar. Der Handelsverkehr auf den Meeren habe sich von 1992 bis 2012 vervierfacht, schreiben sie. Demnach passierten 2016 mehr als 2.400 Frachtschiffe den Tristan-da-Cunha-Archipel, zu dem die Insel gehört.
Diese Müllentsorgung ist durch das MARPOL-Übereinkommen für den Umweltschutz in der Seeschifffahrt verboten. Die Regelung müsse dringend besser kontrolliert werden, fordert das Team.
"Ich halte diese Studie für extrem wichtig, weil sie wie bisher nur wenige Studien zeigt, dass die Menge des Kunststoffabfalls in den Ozeanen über die vergangenen Jahrzehnte deutlich angestiegen ist", sagt Lars Gutow vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. "Zwar betrachtet diese Studie nur den Südatlantik. Mit weiteren Studien nach diesem Vorbild aus anderen Regionen kann jedoch ein globales Bild erstellt werden." Die Folgerungen der Forscher seien plausibel und nachvollziehbar. Die Abfallentsorgung von Schiffen zu kontrollieren sei jedoch sehr schwierig.
Und was sagt uns das für die Potsdamer Havel? Sportschiffer wundern sich, dass sie gelegentlich in den Abendstunden durch besonderes, unangenehm riechendes und nach Fäkalien aussehendes Wasser fahren müssen. Sie vermuten – vermutlich zu recht -, dass Fahrgastschiffe illegal ihren Fäkalientank abgepumpt haben. Aber das zu beweisen oder gar den Verursacher feststellen zu können, ist nahezu unmöglich. Hier wäre sicherlich mehr Aufmerksamkeit durch die Wasserschutzpolizei geboten.
Und auf dem Meer, außerhalb der 3- oder 12-Meilen-Zone? Da ist kein Staat zuständig, und die Schiffsführer, vermutlich auch der Kreuzfahrtschiffe, nutzen das schamlos aus! Wäre das nicht einmal eine Aufgabe für die Vereinten Nationen, die doch sonst mit Greta und anderen so tun, als ob sie sich vehement für das Klima und die Umwelt weltweit einsetzen würden? Man könnte sich sogar vorstellen, dass sie dafür eine Mehrheit in der Vollversammlung der Vereinten Nationen bekommen könnten. Und vielleicht könnte man die Situation schon dadurch verbessern, wenn alle Staaten auf dieser Welt (nicht nur Deutschland!) Pfand auf die Plastikflaschen nehmen würden.