1. 3. 2019 Gemeinnützigkeit der Attac-Aktivisten

Die obersten Richter des Bundesfinanzhofes sprachen den globalisierungskritischen Aktivisten von „attac“ die Gemeinnützigkeit ab. Das war richtig und längst überfällig.

Den Potsdamer Demokraten war das klar. Sie haben seinerzeit nach ihrer Gründung einen Antrag auf Gemeinnützigkeit beim Potsdamer Finanzamt gestellt und sind dabei auf die Nase gefallen. Eine politische Partei oder Wählervereinigung, so die Finanzbeamten, sei nicht gemeinnützig, da sie, wie der Begriff „Partei“ sagt, nur Partikular-Interessen vertrete und nicht solcher der Allgemeinheit.

Das musste nun auch „attac“ lernen.

Es ist ein Urteil von erheblicher Tragweite. Denn was der Bundesfinanzhof jetzt mit Blick auf den Trägerverein von „attac“ entschieden hat, dürfte weit über den steuerrechtlichen Umgang mit dieser sogenannten globalisierungskritischen Organisation hinausreichen. Es geht vielmehr darum, grundsätzlich die Grenze zu ziehen zwischen politischer Lobby- und allgemeiner Bildungsarbeit. Und inwieweit der Staat in Form von steuerlichen Vergünstigungen weltanschauliche Partikularinteressen fördern sollte. Wer das am 26. 2. 2019 veröffentlichte Urteil als Schuss vor den Bug eines „linken“ Vereins wertet und daraus eine Art Verschwörung ableitet, um angeblich „politisch missliebige Organisationen über das Gemeinnützigkeitsrecht mundtot zu machen“ (so ein Vorstandsmitglied von „attac“), hat in der Sache wenig begriffen. Die Frage handelt im Kern nämlich von demokratischer Legitimation.

Wenn „attac“ nach Meinung der Bundesfinanzrichter jetzt die Gemeinnützigkeit abgesprochen worden ist, dann nicht wegen der „Missliebigkeit“ von Aktionen etwa gegen den G-20-Gipfel in Hamburg (einschließlich des Aufrufs zu „zivilem Ungehorsam“). Sondern schlicht und ergreifend wegen des gesunden Menschenverstands, den die Definition von Gemeinnützigkeit in § 52 der Abgabenordnung normiert. Dort heißt es: „Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Dann werden 25 konkrete Beispiele genannt, z.B. Tierschutz, Denkmalschutz oder Sport ebenso wie „die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens“. Letzteres allerdings mit folgender Einschränkung: „Hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen“.

Laut Urteil des Bundesfinanzhofs allerdings war genau das der Fall. Öffentlichkeitswirksame Kampagnen etwa zu Sparpaketen der Bundesregierung, der Finanztransaktionssteuer, zum Bahnprojekt Stuttgart 21 und etlichem mehr erfüllen gerade nicht die Anforderungen für eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit im Rahmen politischer Bildungsarbeit: „Politische Bildungsarbeit setzt aber ein Handeln in geistiger Offenheit voraus“, so der Bundesfinanzhof. „Daher ist eine Tätigkeit, die darauf abzielt, die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen, nicht als politische Bildungsarbeit gemeinnützig.“ Im Umkehrschluss könnte man das auch so formulieren: Es ist nicht Aufgabe des Staates (und damit der Steuerzahler), geistige Beschränktheit zu subventionieren und demokratisch nicht legitimierte Vereine dabei zu unterstützen, die gegen seine Interessen zu agitieren.

Pars pro toto! Was bedeutet das Urteil für andere Organisationen?

Dass insbesondere Vertreter von Grünen, SPD und Linken nun Sturm laufen gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs, spricht wiederum Bände. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Leidig (übrigens von 2002 bis 2009 „attac“-Geschäftsführerin) spricht gar von einem „Schlag gegen die politisch engagierte Zivilgesellschaft und einer Gefährdung unserer Demokratie“.

Dabei ist es keineswegs so, dass „attac“ nunmehr vor einem Betätigungsverbot stände. Ein Verlust der Gemeinnützigkeit bedeutet lediglich, dass keine Spendenbescheinigungen mehr ausgestellt werden dürfen. Offenbar führt der Weg zur Weltenrettung auch für Linke nur über das deutsche Finanzamt.

Aber wie gesagt: Das Urteil betrifft keineswegs nur „attac“, und gerade deshalb ist die harsche Reaktion des linken Lagers letztlich verständlich. Wenn man an die Vielzahl der politischen Vereinigungen denkt, die ihre Arbeit größtenteils nur mit Spenden finanzieren, von denen dann ein mehr oder minder großer Teil bei den Personalkosten landet, dann kann ihnen Unheil drohen.

Auf diesem Felde könnte sich also in Kürze einiges tun. Potenzielle Spender sind gut beraten, erst einmal die Durchführungsrichtlinien des Bundesfinanzministers abzuwarten, bevor sie in der Hoffnung auf steuermindernde Bescheinigungen ihre Gelder auf Konten von Vereinen überweisen, die nur Partikularinteressen vertreten.

Cum grano salis muss man auch die Frage stellen, wie denn die reinen Männer- oder Frauenvereine künftig behandelt werden, die sich ja auch nur um einen Teil der Bevölkerung kümmern. Wollen wir ´mal hoffen, dass aus Steuergründen nicht Mädchen in reine Knabenchöre oder Männer in Frauenchöre aufgenommen werden müssen. Aber in unserem verrückten Land mit seiner Gendermanie ist alles möglich.