23. 11. 2017 Wie die Europäische Union selbst in unser beschauliches Potsdam hineinregiert
Man merkt, dass die Europäische Union aus der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) hervorgegangen ist: die wirtschaftlichen Interessen stehen im Vordergrund, koste es, was es wolle.
Ein besonderes Beispiel ist der öffentliche Nahverkehr. Die Europäische Union zwingt die Betreiber des ÖPNV (Bund, Land, Gemeinde), die einzelnen Linien europaweit auszuschreiben. Dann können sich alle Interessenten bewerben, und die öffentliche Hand ist grundsätzlich gezwungen, den günstigsten Anbieter auszuwählen. Da die Bewerber für die Schienenfahrzeuge und Busse die gleichen Preise zahlen müssen, können sie sich nur bei den Lohnkosten unterscheiden – anders ausgedrückt: Wer die geringsten Lohnkosten hat, kann das günstigste Angebot abgeben und bekommt den Zuschlag. So hält man Lohnkosten klein!
Und ein zweiter negativer Punkt: Für die stark frequentierten Linien wird man sofort einen Anbieter finden, auf den weniger genutzten bleibt man sitzen. So werden die Gewinne auf guten Linien privatisiert, die Verluste bei den anderen muss die öffentliche Hand tragen.
Glücklicherweise haben wir mit Burkhard Exner einen Kämmerer, der diese Systematik durchschaut hat und mit einer in der Öffentlichkeit nicht beachteten Beschlussvorlage zumindest für den ViP diese Entwicklung unterbunden hat.
Jetzt wird man beobachten müssen, wie das Land Brandenburg mit der Ausschreibung des RE 1 (Magdeburg – Potsdam – Berlin – Frankfurt/Oder) umgeht. Die Linie ist hochprofitabel, wovon die überfüllten Waggons beredtes Zeugnis ablegen. An Anbietern wird es sicher nicht mangeln. Aber mit den Gewinnen aus dieser Linie kann man weniger profitable Linien in bevölkerungsschwächeren Regionen ausgleichen, für die man keine Anbieter finden würde. Hoffentlich hat das Land einen Fachmann wie Burkhard Exner, der die Konsequenzen kennt.
Fairerweise muss man sagen, dass das Problem in der Systematik liegt, für die die EU die Verantwortung trägt. Leider haben viele Abgeordnete des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlaments nicht die notwendige Fachkenntnis, wie der MAZ-Talk am 15. 6. 2017 gezeigt hat, als sich die Bewerber für das Bundestagsmandat der Potsdamer Öffentlichkeit vorgestellt haben.
Aber man kann auch die Skepsis verstehen, mit der viele Menschen der Europäischen Union gegenüber stehen. Da muss man nicht gleich jeder ein Rechtspopulist sein!