15. 2. 2017 Nahezu 130.000 Unterschriften gegen die Kreisgebietsreform
Nach nur 100 Tagen des Sammelns wurden nahezu 130.000 Unterschriften der Landtagspräsidentin übergeben, mit denen sich Bürgerinnen und Bürger gegen die kommunale Neugliederung in Brandenburg aussprachen – das Sechsfache der erforderlichen Stimmenzahl!
War das wirklich nicht zu erwarten?
An der kommunalen Gliederung im Land Brandenburg wurde von Anfang an herumgedoktert:
Kaum war das Land 1990 gebildet, gab es schon am 6. 12. 1993 die erste Kreisgebietsreform, in der mit Potsdam-Land weitere 37 Landkreise ihre Selbständigkeit verloren, und mit ihnen zwei kreisfreie Städte. Wir in Potsdam partizipierten daran mit den Eingemeindungen von Eiche u. a.
Die nächste Kommunalreform ist gerade 14 Jahre her, an der mit Schönbohm auch die CDU maßgeblich beteiligt war:
Mit Wirkung vom 26. Oktober 2003 erfolgte die Auflösung von 62 Ämtern und 302 Gemeinden. Es gab Eingemeindungen, andere Gemeinden wechselten in erhalten gebliebene Ämter, und es wurden neue amtsfreie Gemeinden gebildet. Im Vorfeld der Gemeindereform kam es auch zu freiwilligen Zusammenschlüssen zu neuen Großgemeinden und freiwilligen Anschlüssen an bestehende Gemeinden.
Auch hier gab es wieder positive Ergebnisse für Potsdam durch die Eingemeindungen der nordwestlichen Ortsteile
Jetzt steht wieder eine Kreisgebietsreform an, und im Gegensatz zur damaligen musste anfangs auch die LHP um ihre Kreisfreiheit bangen. Wollten doch die im Land regierende SPD und LINKE künftig nur noch zehn Landkreise auf der kommunalen Ebene vorhanden wissen. Von kreisfreien Städten war in ihrem Koalitionsvertrag nichts zu finden.
Sicherlich gibt es in einigen Fällen sachliche Gründe, Kreisgebietsreformen durchzuführen.
Aber jede Kommunalreform ist ein Spagat zwischen den Notwendigkeiten für eine Zusammenlegung von Orten, Ämtern oder Kreisen und der Bindung der Menschen an ihre Scholle, sprich an ihre Gemeinde, an ihr Amt und an ihren Landkreis. Insofern sollte man genau abwägen, was tatsächlich zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger führt. Im Zweifelsfall lässt man die Finger davon!
Denn nach der heutigen Planung verlören die bisher kreisfreien Städte Frankfurt, Cottbus und Brandenburg sowie die aufgelösten Kreise die Zuständigkeit für ihre Krankenhäuser, die Müllentsorgung, den ÖPNV usw.
Finanzeinsparungen der öffentlichen Hand sind jedenfalls nicht zu erwarten – bisher hat noch keine Kommunalreform zur Einsparung von Beamtengehältern geführt. Auf wundersame Weise sind alle Bediensteten geblieben und haben zum Teil noch Gehaltszulagen bekommen, da sich ihr Zuständigkeitsbereich vergrößert hat.
Die um ihre Kreisfreiheit bangenden Städte bzw. die ihre Selbständigkeit verlierenden Landkreise haben Einwohnerzahlen, die mit vielen Landkreisen in anderen Bundesländern vergleichbar sind (z. B. Lichtenfels (BY) 66.644 Einwohner, Coburg (BY) 86.719 Einwohner und Olpe (NRW) 134.947 Einwohner). Und ob die Landkreise im relativ armen bayerischen Frankenland finanziell besser dastehen als hier in Brandenburg, darf ebenfalls bezweifelt werden.
Und noch eins: Die Brandenburger Genossen sollten sich einmal von ihren Genossen im Land Hessen beraten lassen.
Als die Hessischen Genossen seinerzeit mit ihrer Mehrheit im Wiesbadener Landtag eine unglaubliche Gebietsreform durchpeitschten und dabei z. B. Gießen, Marburg und andere Gemeinden in die Kunstkommune „Lahn“ überführten (Kenner der Materie wissen noch, dass diese Kunst-Stadt sogar das Autokennzeichen „L“ bekam, das im Falle einer Wiedervereinigung für Leipzig vorgesehen war), wurden sie bei der nächsten Wahl derart abgestraft, dass seitdem die CDU die Regierung stellt.
Wir Potsdamer Demokraten halten eine Kreisgebietsreform nur dann für sinnvoll, wenn sie von der Mehrheit der betroffenen - und nur der betroffenen - Bürgerinnen und Bürger in einer Volksabstimmung getragen wird.
Kommt diese Mehrheit nicht zustande, muss man andere Wege suchen, um kommunale Aufgaben von mehreren Kreisen und kreisfreien Städten gemeinsam wahrnehmen zu lassen. Dabei ist sicher ein Blick in andere Flächenbundesländer hilfreich.
Und die Stellungnahme der LHP zur Kreisgebietsreform? Grundsätzlich ist sie sachlich richtig. Wir Potsdamer Demokraten hätten uns nur gewünscht, dass auch Eingemeindungen nach Potsdam geprüft worden wären. Wenn Michendorf, Bergholz-Rehbrücke (heute Nuthetal) und andere zu Potsdam eingemeindet würden, gäbe es zum Beispiel das Problem mit den dortigen Kindern, die Potsdamer Schulen besuchen, ohne dass sich die Gemeinden an den Schulneubauten beteiligen, nicht mehr.
Und bei den Verkehrsplanungen würde auch einiges einfacher.