3. 11. 2016 Hungrige Kinder in der Schule
Die Vorstandsvorsitzender des AWO-Bezirksverbandes Angela Basekow wusste mit beredten Worten in der Stadtverordnetenversammlung (SVV) zu berichten, dass 10 – 20 Prozent der Schulkinder morgens ohne Frühstück in die Schule kämen. Und natürlich sei getreu der Erfahrung „Hunger macht böse“ die Disziplin dieser Schüler problematisch. Außerdem seien sie unkonzentriert und zeigten deutlich schlechtere Leistungen. Glücklicherweise habe sie unter dem Namen „Spirelli-Bande“ Freiwillige gefunden, die an 7 Schulen etwa 310 hungrige Kinder-Mäuler mit Frühstück versorgten.
Natürlich ist eine solche Initiative zu loben, wie eigentlich jede Initiative im sozialen Bereich lobenswert ist, und nicht ohne Grund wurde die Spirelli-Bande mit der Verleihung des Ehrenamtspreises der Stadt Potsdam geehrt.
Pars pro toto kann man aus der Zahl der Kinder an 7 Schulen schließen, dass ein solches Bedürfnis an allen Schulen vorhanden sein dürfte. Das wiederum kann die AWO aus Spenden mit Freiwilligendiensten nicht leisten. Hier bedürfe es der finanziellen Hilfe der Stadt Potsdam.
Also gab es in der SVV am 2. 11. 2016 gleich zwei Anträge, mit denen der OB aufgefordert wurde, das Problem zu lösen. Viele Redner griffen die Argumente auf und standen der AWO in Person von Frau Basekow zur Seite. Kein Wunder, dass die Anträge sofort ohne Ausschuss-Überweisung mit sachlich-tiefgründiger Diskussion beschlossen wurden.
Denn in den Ausschüssen hätte man auch die Frage stellen können, wie das eigentlich mit den Eltern und Lehrern ist. Wie können Eltern ihre Pflichten derart vernachlässigen, dass sie ihre Kinder ohne Frühstück zur Schule schicken? An der Armut kann es nicht liegen, denn für eine Schnitte Brot und eine Tasse Milch muss es auch bei den Hartz-IV-Empfängern reichen. Oder sind die Vorurteile doch richtig, dass es einige Hartz-IV-Empfänger gibt, die das Geld vertrinken, in Zigaretten umsetzen, morgens ihren Rausch ausschlafen und die Kinder vernachlässigen?
Und die Lehrer? Haben sie die Eltern auf diese Versäumnisse einmal angesprochen? Haben sie im Wiederholungsfall Sozial- und Jugendamt verständigt? Denn das Zur-Schule-Schicken ohne Frühstück ist sicher ein Fall für die zuständigen Behörden. Oder hat sich bei Lehrern und Sozialarbeitern einer auf den anderen verlassen?
Diese Fragen sind zu beantworten, bevor wieder einmal der Staat, sprich der Steuerzahler, das Frühstück für die Schulkinder bezahlen muss. Man erinnere sich noch an die leidvolle Diskussion zum Vesper-Essen, das 600.000 Euro pro Jahr kosten sollte.
Um es auf den Punkt zu bringen: es gibt Kinder, die hungig zur Schule kommen, weil sie zu spät aufgestanden sind, weil sie wegen der Berufstätigkeit der Eltern nicht angehalten worden sind zu frühstücken oder weil sie schlichtweg zuhause noch keinen Appetit hatten. Soweit so gut: dafür sind Spirelli und andere genau richtig! Aber in den Fällen, in denen die Eltern versagt haben, sollten sich die zuständigen Behörden das "Famillienleben" einmal genauer ansehen. Hier dürfen Lehrer und Schulsozialarbeiter im Interesse der Kinder nicht den Kopf in den Sand stecken!