13. 7. 2016 Märkische Abiturienten des Jahrgangs 2016: 231-mal Traumnote 1,0
Toll, könnte man meinen! Lob den Schülern, die sich auf den Hosenboden gesetzt haben, Lob den Lehrern, die in der Wissensvermittlung Großes geleistet haben, und auch Lob den Eltern, die ihre Kinder zu Fleiß und Strebsamkeit angehalten haben.
Wenn da nicht die Universitäten zusammen mit den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern im Land Brandenburg ein anderes Bild zeichnen würden.
Eine unverantwortlich große Zahl von Schulabgängern schafft gar keinen Abschluss, Hauptschüler kennen oft nicht einmal die vier Grundrechnungsarten (wie die IHK beklagen), und die Universitäten schlagen ob der Vorbildung ihrer künftigen Studenten die Hände über dem Kopf zusammen.
Was ist tatsächlich los im Bildungswesen? Ist es die Angst der Lehrer vor den Eltern, die gute Noten ihrer Sprösslinge gern vor den Gerichten durchsetzen wollen? Ist es die Befürchtung der Eltern, dass ihr Nachwuchs vielleicht doch nicht so intelligent ist, wie sie glauben? Der Verdacht liegt nahe, dass uns allen, den Bildungspolitikern, den Eltern, der Schulverwaltung, den Universitäten und der Öffentlichkeit mit den hervorragenden Noten Sand in die Augen gestreut wird. Die feminine Kuschelpädagogik schlägt neue Kapriolen.
Statt Gefälligkeitsnoten zu geben, sollte man in den Schulen wieder strengere Maßstäbe anlegen. China und auch Japan sind dafür gute Beispiele, die man auch an anderer Stelle findet. Die dortigen Kinder werden uns bald nicht nur in ihrer Quantität, sondern auch in der Qualität der Ausbildung den Rang ablaufen.
Die offensichtlich geschönten Abiturnoten sollten deshalb nicht freudig zur Kenntnis genommen werden, sondern Anlass sein, unser Bildungswesen zu hinterfragen. Vielleicht einmal nicht vom Bundestag oder den Landtagen, denn wie sagte schon der unverdächtige Herbert Wehner (SPD): „Der Bundestag ist ´mal voller, er ist ´mal leerer, aber er ist immer voller Lehrer“. Er wollte damit ausdrücken, dass zu viele Pädagogen in den Volksvertretungen sitzen und dort allein die Interessen der Lehrer in der Bildungspolitik vertreten.
Das dürfte sicher eines der Probleme unseres Bildungswesens sein: Nicht die Eltern, nicht die Schüler, nur die Lehrer haben sich in Gewerkschaften zusammengeschlossen und wissen mit wohlgesetzten Worten ihre Interessen wahrzunehmen.
Ein Positivum: Trotz allem kann man noch davon ausgehen, dass der Einser-Abiturient besser ist als der Zweier- oder Dreier-Abiturient.
Theoretisch reicht das für ein Medizinstudium – aber wollen wir wirklich, das zweitklassige Einser-Absolventen uns später betreuen?
Schade, denn mit die Inflation der guten Noten gehen auch die wirklich guten Abiturienten unter. Und die gibt es sicherlich auch in Brandenburg wie in den anderen Bundesländern!
Übrigens: Was halten unsere Landespolitker davon, wenn man das Schüler-Bafög nicht jedem Schüler gibt, sondern nur einer Hälfte, nämlich der besseren? Das würde tatsächlich einen Anreiz auslösen. Oder ist das mit dem "Fördern und Fordern" doch nicht so ersnt gemeint?