27. 3. 2016 Die Landesregierung hält an der kommunalen Neugliederung fest


An der kommunalen Gliederung im Land Brandenburg wurde von Anfang an herumgedoktert:

Kaum war das Land 1990 gebildet, gab es schon am 6. 12. 1993 die erste Kreisgebietsreform, in der mit Potsdam-Land weitere 37 Landkreise ihre Selbständigkeit verloren und mit ihnen zwei kreisfreie Städte. Wir in Potsdam partizipierten daran mit den Eingemeindungen von Eiche u. a.

Die zweite Kommunalreform ist gerade 13 Jahre her, an der mit Schönbohm auch die CDU maßgeblich beteiligt war:

Mit Wirkung vom 26. Oktober 2003 erfolgte die Auflösung von 62 Ämtern und 302 Gemeinden. Es gab  Eingemeindungen, andere Gemeinden wechselten in erhalten gebliebene Ämter, und es wurden neue amtsfreie Gemeinden gebildet. Im Vorfeld der Gemeindereform kam es auch zu freiwilligen Zusammenschlüssen zu neuen Großgemeinden und freiwilligen Anschlüssen an bestehende Gemeinden.
Auch hier gab es wieder positive Ergebnisse für Potsdam durch die Eingemeindungen der nordwestlichen Ortsteile.

Jetzt steht wieder eine Kreisgebietsreform an, und die im Land regierenden SPD und die Linke wollen nur noch zehn Landkreise auf der kommunalen Ebene vorhanden wissen. Von kreisfreien Städten ist in ihrem Koalitionsvertrag nichts mehr zu finden, obwohl mittlerweile offensichtlich die Kreisfreiheit der Landeshauptstadt Potsdam nicht mehr zur Disposition zu stehen scheint.

Aber jede Kommunalreform ist ein Spagat zwischen den Notwendigkeiten für eine Zusammenlegung von Gemeinden, Ämtern oder Kreisen und der Bindung der Menschen an ihre Scholle, sprich an ihrem Wohnort, an ihr Amt und an ihren Landkreis. Insofern sollte man genau abwägen, was tatsächlich zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger führt. Im Zweifelsfall lässt man die Finger davon!

Denn nach der heutigen Rechtslage gehen einige Zuständigkeiten der bisher kreisfreien Städte auf den Landkreis über, z. B. die Zuständigkeit für den ÖPNV, für das Gesundheitswesen usw.  Bliebe es dabei, verlören sie die Zuständigkeit für ihre Krankenhäuser, die Müllentsorgung  und den Nahverkehr.

Finanzeinsparungen der öffentlichen Hand sind jedenfalls durch die Kreisgebietsreform nicht zu erwarten – bisher hat noch keine Kommunalreform zur Einsparung von Beamtengehältern geführt. Auf wundersame Weise sind alle Bediensteten geblieben und haben zum Teil noch Gehaltszulagen bekommen, da sich ihr Zuständigkeitsbereich vergrößert hat.

Die um ihre Kreisfreiheit bangenden Städte haben weniger als 100.000 Einwohner, aber einige Landkreise in anderen Bundesländern haben noch weniger Einwohner (z. B. Lichtenfels mit 66.644 Einwohner oder Coburg mit 86.719 Einwohner).  Und ob die Landkreise im relativ armen Frankenland finanziell besser dastehen als die Landkreise in Brandenburg, dem Speckgürtel von Berlin, darf ebenfalls bezweifelt werden.

Im Koalitionsvertrag zwischen der SPD und der LINKEN steht die bedeutsamen Sätze:

„Starke Kommunen sind die Basis unseres Zusammenlebens. Die Identifikation der Brandenburgerinnen und Brandenburger mit ihrer Heimat ist stark an das Dorf, die Stadt, den Kreis und die Region gebunden, in denen die Menschen jeweils verankert sind.“
(Vermutlich absichtlich hat man dabei die kreisfreien Städte nicht aufgeführt, für deren Bewohner diese Kernaussage jedenfalls genauso gilt.)

Die Bindung ist in den vergangenen 13 Jahren seit der letzten Kommunalreform gewachsen – nun soll sie wieder durcheinander gewirbelt werden. Mecklenburg-Vorpommern, das gerade eine solche Reform ohne Rücksicht auf die Bürgerinnen und Bürger verabschiedet hat, ist ein Negativbeispiel: So hat z. B. die Insel Rügen ihre Kreisfreiheit verloren, und in manchen Landkreisen müssen die Bürger bis zu 100 km fahren, wenn sie in ihre Kreisstadt wollen. Ob die ehrenamtlichen Kreistagsabgeordneten noch den Kontakt zur Basis halten können, darf stark bezweifelt werden.
 

Insofern fordern die Potsdamer Demokraten, eine kommunale Neugliederung nur dort durchzuführen, wo die Bürgerinnen und Bürger der beteiligten Landkreise und Gemeinden damit einverstanden sind. Da das vermutlich keine Mehrheit finden wird, sollte geprüft werden, welche kommunalen Aufgaben, die ein Landkreis oder eine kreisfreie Stadt nicht allein übernehmen können, zusammengeführt und von einem Landschaftsverband als höchstes Organ der kommunalen Selbstverwaltung, einem Landkreis resp. von der Landesverwaltung selbst übernommen werden müssen. 

 
Und noch eins: Die Brandenburger Genossen sollten sich einmal von ihren Genossen im Land Hessen beraten lassen.
Als die Hessischen Genossen seinerzeit mit ihrer Mehrheit im Wiesbadener Landtag eine unglaubliche Gebietsreform durchpeitschten und dabei am 1. 1. 1977 z. B.  Gießen, Marburg und andere Gemeinden in die Kunstkommune Lahn überführten (Kenner der Materie wissen noch, dass diese Kunst-Stadt sogar das Autokennzeichen „L“ bekam, das im Falle einer Wiedervereinigung für Leipzig vorgesehen war), wurden sie bei der nächsten Wahl derart abgestraft, dass seitdem die CDU die Regierung stellt.