25. 9. 2015 Ehrlichkeit beim Thema "Flüchtlinge"

Es mehren sich die Stimmen, die in den hier ankommenden Flüchtlingen eine Chance sehen, den Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben. Ist das realistisch oder Schönrednerei von Gutmenschen?

Die unbequeme Wahrheit lautet: Die Mehrheit der Flüchtlinge, die zu uns kommen, hat kurz- bis mittelfristig keine Chance, auf unserem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies belegen Stichproben, die von der Bundesagentur für Arbeit gemacht wurden: Nur etwa zehn Prozent der registrierten Flüchtlinge sind auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar. Ein kleiner Prozentsatz mag sich relativ zügig integrieren lassen und dabei auch die eine oder andere Fachkraftstelle ausfüllen – wobei man auch die Frage stellen darf, ob diese Menschen nicht dringender in ihren Heimatländern gebraucht würden.

Aber die überwiegende Mehrheit wird sehr lange bis dauerhaft auf die Hilfe des Staates angewiesen sein: entweder in Form von Sozialleistungen oder durch die Vermittlung in Stellen, die geringe bis gar keine Qualifikationen erfordern und entsprechend schlecht bezahlt werden. Übrigens haben wir dafür auch genügend deutsche Arbeitslose, denn das Problem der Arbeitslosigkeit ist zu einem großen Teil die Qualifikation der Arbeitssuchenden.

Zusammengefasst lässt sich das Fachkräfteproblem nicht über das Asylrecht lösen.

Vor diesem Hintergrund kann man nur davor warnen, die Debatte um ein Einwanderungsgesetz mit der Flüchtlingsdebatte zu vermischen. Wer das Asylrecht nicht strikt vom Einwanderungsrecht trennt, weckt neue Begehrlichkeiten und die Hoffnung, das Asylrecht als Eintrittskarte in unseren Arbeitsmarkt nutzen zu können. Deshalb sind auch alle Vorschläge abzulehnen, die weitere Lockerungen bei der Arbeitserlaubnis für jene Asylbewerber fordern, deren Aufenthaltsstatus noch nicht geklärt ist. Andererseits möchten man auch nicht, dass die Flüchtlinge bis zum Ende der Kriegshandlungen in den Lägern „herumgammeln“ und von staatlichen Unterstützungen leben. Insofern ist die schnelle Entscheidung über den Asylstatus von eminenter Bedeutung.

Das Asylrecht ist ein humanitäres Instrument und muss es auch bleiben.

Keine Frage, die Wirtschaft kann und muss einen Beitrag leisten, um Flüchtlinge in unsere Gesellschaft zu integrieren. Denn Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglicht Teilhabe an der Gesellschaft und schafft ein Bewusstsein der Zugehörigkeit. Insofern ist jedes Engagement der Wirtschaft als Integrationsbeitrag wichtig, egal ob in Form von Praktika oder anderen Maßnahmen, die an eine Arbeit heranführen können. Wenn aber so mancher Manager schon von einem Wirtschaftswunder träumt, ist das aus mehrfachen Gründen für problematisch:
Erstens wird Deutschland seinen Fachkräftebedarf – wie zuvor aufgezeigt – nicht über Flüchtlinge decken können.
Zweitens droht sich bei der Bevölkerung der Eindruck einer Rosinenpickerei zu verfestigen – Motto: Die Wirtschaft „angelt“ sich die wenigen Fachkräfte, um den Rest muss sich die Gesellschaft kümmern.
Und drittens schürt solches Reden Hoffnungen bei jenen, die zu uns flüchten beziehungsweise zu uns flüchten wollen.

In der Flüchtlingsdebatte brauchen wir auch Ehrlichkeit. Die Probleme müssen offen angesprochen werden, um sie lösen zu können. Nur dann ist das wirklich zu schaffen.