22. 11. 2014 Zur Kommunalreform im Land Brandenburg und zum drohenden Verlust der Kreisfreiheit für die Landeshauptstadt Potsdam
Kaum 1990 gebildet, trieb es die Landespolitik im Land Brandenburg um: Schon am 6. 12. 1993 gab es die erste Kreisgebietsreform, in der mit Potsdam-Land weitere 37 Landkreise ihre Selbständigkeit verloren, und mit ihnen zwei kreisfreie Städte.
Die nächste Kommunalreform ist gerade 11 Jahre her: Mit Wirkung vom 26. Oktober 2003 erfolgte die Auflösung von 62 Ämtern und 302 Gemeinden. Es gab Eingemeindungen, andere Gemeinden wechselten in erhalten gebliebene Ämter, und es wurden neue amtsfreie Gemeinden gebildet. Im Vorfeld der Gemeindereform kam es auch zu freiwilligen Zusammenschlüssen zu neuen Großgemeinden und freiwilligen Anschlüssen an bestehende Gemeinden.
Die Potsdamer neuen Ortsteile wissen ein Lied davon zu singen.
Jetzt steht wieder eine Kreisgebietsreform an, und im Gegensatz zur damaligen muss diesmal auch die LHP um ihre Kreisfreiheit bangen. Wollen doch die im Land regierenden SPD- und LINKE-Genossen mit ihrer relativ geringen Mehrheit – sie sind zusammen bei der letzten Landtagswahl im September 2014 um ca. 10 Prozent abgestürzt - künftig nur noch zehn Landkreise auf der kommunalen Ebene vorhanden wissen. Von kreisfreien Städten ist in ihrem Koalitionsvertrag nichts mehr zu finden.
Sicherlich gibt es in einigen Fällen sachliche Gründe, Reformen durchzuführen. Aber gegen die erneute Kommunalreform in diesem geplanten Ausmaß steht die Bindung der Menschen an ihre Scholle, sprich an ihre Gemeinde, an ihr Amt und an ihren Landkreis. Insofern sollte man genau abwägen, was tatsächlich zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger führt. Im Zweifelsfall lässt man die Finger davon!
Finanzeinsparungen der öffentlichen Hand sind jedenfalls nicht zu erwarten – bisher hat noch keine Kommunalreform zur Einsparung von Beamtengehältern geführt. Auf wundersame Weise sind alle Bediensteten geblieben und haben zum Teil noch Gehaltszulagen bekommen, da sich ihr Zuständigkeitsbereich vergrößert hat.
Auf zwei Beispiele sei an dieser Stelle hingewiesen: Die um ihre Kreisfreiheit bangende Stadt Potsdam hat mehr als 163.000 Einwohner, aber viele Landkreise in anderen Bundesländern haben deutlich weniger Einwohner (z. B. Lichtenfels (BY) 66.644 Einwohner, Coburg (BY) 86.719 Einwohner und Olpe (NRW) 134.947 Einwohner). Und ob die Landkreise im relativ armen Frankenland finanziell besser dastehen als Potsdam im Speckgürtel von Berlin, darf ebenfalls bezweifelt werden.
Oder der Landkreis Uckermark: Er hat heute schon eine größere Ausdehnung als das selbständige Land Saarland mit Landesregierung, Landtag und eigener Rundfunkanstalt, dem Saarländischen Rundfunk. Es ist gegliedert in einen Regionalverband um seine Landeshauptstadt Saarbrücken herum sowie in fünf Landkreise. Zugegeben, das Saarland hat mehr Einwohner als die dünn besiedelte Uckermark.
Und noch eins: Die Brandenburger Genossen sollten sich einmal von ihren Genossen im Land Hessen beraten lassen.
Als die Hessischen Genossen seinerzeit mit ihrer Mehrheit im Wiesbadener Landtag eine unglaubliche Gebietsreform durchpeitschten und dabei z. B. Gießen, Marburg und andere Gemeinden in die Kunstkommune Lahn überführten (Kenner der Materie wissen noch, dass diese Kunst-Stadt sogar das Autokennzeichen „L“ bekam, das im Falle einer Wiedervereinigung für Leipzig vorgesehen war), wurden sie bei der nächsten Wahl derart abgestraft, dass seitdem die CDU die Regierung stellt.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Potsdamer Demokraten/BVB Freie Wähler sind grundsätzlich gegen eine kommunale Gebietsreform, denn es geht auch anders, wie die oben genannten Beispiele in Lichtenfels und Coburg zeigen. Es sei denn, dass die Bürgerinnen und Bürger damit einverstanden sind. Das heißt im Klartext, dass vor der Neugliederung alle Karten (im wahrsten Sinne des Wortes) auf den Tisch müssen und die Betroffenen darüber abstimmen sollen. Nur wenn sie damit einverstanden sind, werden sich auch die Potsdamer Demokraten/BVB Freie Wähler nicht dagegen stellen.
Aber an einem solchen Einverständnis darf man berechtigte Zweifel haben.
Und nach dem Gesetz der Serie - alle zehn Jahre in Brandenburg eine kommunale Neugliederung - kommt spätestens 2023 die nächste Reform – oder?