27. 3. 2013 Hauptausschuss – nur Vertreter waren anwesend

Eigentlich hätte die Tagesordnung recht schnell abgearbeitet werden können, aber die Protagonisten waren nur Vertreter, die zum Teil nur bedingt im Stoff standen bzw. sich nicht trauten, klare Positionen zu beziehen.

Der OB war nicht anwesend, und so musste sein Vertreter Horst Heinzel  durch die Sitzung führen – und als OB-Vertreter saß nicht etwa sein planmäßiger Vertreter dort, der Kämmerer und  Bürgermeister Exner, sondern die Kulturbeigeordnete Iris Magdowski, die naturgemäß mit den Feinheiten der Probleme anderer Geschäftsbereiche nicht im Detail vertraut sein konnte.

Und so bemerkte Heinzel einleitend, dass an der Spitze des Tisches diesmal nur CDU-Leute säßen.

 

Es kam, wie es kommen musste: Viele Tagesordnungspunkte wurden verschoben, weil die Vertreter der Verwaltung auf die Fragen der Stadtverordneten keine oder nur ausweichende Antworten parat hatte.

 

Das ging gleich los mit der Erhöhung der Zweitwohnungssteuer. Auf die Frage, was denn mit den Menschen geschehe, die nicht zur Miete, sondern zum Wohnungseigentum in Potsdam wohnten, konnte die Verwaltung keine schlüssige Antwort geben, und so vertagte man den TOP. Ein Armutszeugnis für die  Verwaltung, denn die Steuer - und dieses Problem - gibt es ja schon seit Jahren, und heute ging es „nur“ um eine Erhöhung.

Auch die Erhöhung der Hundesteuer wurde vertagt, hatte doch die LINKE einen Änderungsantrag eingebracht, mit dem eine Härtefallregelung aufgenommen und die Erhöhung der Steuer halbiert werden sollte.  So sind sie, die LINKEN:  Das Geld soll für vermeintlich soziale Zwecke mit vollen Hände ausgegeben werden, aber bei der Generierung von Einnahmen verweigern sie aus den gleichen  vermeintlich sozialen Gründen das Mitwirken. Naja, sie haben eben keine „Regierungs“-Verantwortung – und dabei sollte es auch bleiben!
Jedenfalls war der Kämmerer nicht anwesend, und so wurde vertagt, um die Auswirkungen des  Änderungsantrages erarbeiten zu lassen. Vermutlich waren die Anwesenden schwach im Kopfrechnen, denn die geplanten finanziellen Zusatzeinnahmen hätten sich um die Hälfte verringert.

Bei der Streichung des Begrüßungsgeldes für Studenten waren sich die LINKEN dann mit der SPD nahezu einig.  Beide taten sich schwer mit der Streichung,  und die SPD hatte den Änderungsantrag eingebracht, das Begrüßungsgeld nur einmalig, aber dann in Höhe von 100 Euro, zu zahlen. Peter Schultheiß, Potsdamer Demokraten, sprang noch einmal – wenn auch vergebens – dem abwesenden Kämmerer zur Seite und erinnerte daran, dass die Zeiten sich geändert hätten. Bei der Einführung in den 90ern habe Potsdam unter Bevölkerungsschwund gelitten – das sei jetzt glücklicherweise vorbei.  Aber trotz der erhöhten Steuerzuweisungen habe man heute mehr als 200 Mio. Euro Schulden, so dass man auch bei den freiwilligen sozialen Wohltaten Abstriche machen müsse. Die Mehrheit der Anwesenden sah das anders, und so wurde der Änderungsantrag der SPD gegen die Stimmen der FDP und der Potsdamer Demokraten beschlossen. Es gab aber auch sechs Enthaltungen!

Die Verordnung zu den Sonntagsöffnungszeiten der Einzelhändler fand eine breite Mehrheit, wurde sie doch von Stefan Frerichs, dem Leiter der Wirtschaftsförderung, überzeugend eingebracht und begründet, zumal die Stadtverordneten sich noch genau an die Pleite des vergangenen Jahres mit einer ebensolchen Verordnung erinnerten.

Dann kam die faustdicke Überraschung, die in der mit der Einladung übersandten  Tagesordnung noch gar nicht aufgeführt war: Die Verwaltung in  Person von Frau Krusemark (nicht in Person der für Soziokultur zuständigen Beigeordneten Magdowski) präsentierte ihr Vorhaben, das Areal Leipziger Str. 70, den Sitz des Archiv,  an den Verein in Erbpacht zu übergeben. Wie dem in der öffentlichen Sitzung von seiner „charmanten Begleiterin“ (wörtl. Kai Kärsten, Archiv e.V.) ausgeteilten Flugblatt des Archiv e.V.  zu entnehmen war, war man sich bereits grundsätzlich handelseinig; und nun ging es nur noch um die Dauer des Erbpachtrechts sowie um die Höhe des Pachtzinses. Natürlich waren die von der LHP vorgesehenen vier Prozent viel zu viel, so Kärsten in seiner Redebeitrag, über den übrigens gar nicht mehr abgestimmt wurde. Horst Heinzel, amtierender Vorsitzender des Hauptausschusses, hielt es schon für selbstverständlich, dass Kärsten vor dem Ausschuss sprechen darf, so dass eine Abstimmung über das Rederecht nicht mehr durchgeführt zu werden brauchte.

Schultheiß appellierte noch einmal an die Anwesenden, keine städtischen Vermögenswerte zu verschleudern und stattdessen den KIS zu beauftragen, das Haus herzurichten und an den Archiv e.V. zu einer kostendeckenden Miete zu überlassen, aber auch dieser Appell war vergebens. Offensichtlich ist man sich schon von seiten der LINKEN, SPD, Grünen und der Verwaltung mit dem Archiv e.V. einig, und so soll der Erbpachtvertrag in der kommenden SVV-Sitzung in sechs Tagen (3.4.2013) als „Dringlichkeitsantrag“ durchgeboxt werden. 

Die Parallelen zum Mitropa-Palast im Lustgarten sind unübersehbar: Immer wenn die Stadt zusammen mit der Rathauskooperation ein schlechtes Gewissen hat, scheut sie die öffentliche Diskussion und will es möglichst schnell hinter sich bringen.
Dabei gibt es beim Archiv keine Dringlichkeit! Seit 2008 wird darüber diskutiert, so dass es auf einen Monat mehr oder weniger wirklich nicht mehr ankommt.

Aber hier soll städtisches Eigentum verschenkt werden. Nachdem man 625.000 Euro investiert hat und weitere 45.000 Euro für eine Belüftungsanlage ausgeben will, soll die Immobilie  lt. Flugblatt des Archiv e.V. auf der Basis eines Wertes von 280.000 Euro  für ein Prozent Erbpacht pro Jahr (= 233 Euro pro Monat) überlassen werden. Die Vertreterin der LHP, Frau Krusemark, signalisierte schon Zustimmung! Schultheiß wagte noch aufzumucken und fragte schüchtern nach der Zustimmung der Kommunalaufsicht zu derartigen Dumping-Preisen, aber die Antwort wurde schlichtweg übergangen.

Also: Schnell vom Tisch damit, so dass der Steuerzahler es nicht merkt!

Man könnte verzweifeln!!!

 

Bleibt noch der Vortrag der LHP zu Errichtung einer Stiftung „Freier Uferweg Griebnitzsee“ zu erwähnen. Schultheiß nahm das zum Anlass, das indianische Sprichwort zu zitieren „Wenn Du ein totes Pferd reitest, steige ab!“ und darauf hinzuweisen, dass bisher die LHP alle juristischen Verfahren verloren hat und deshalb besser beraten wäre, von diesem aussichtslosen Unterfangen, das Spötter bereits "Jakobsweg" nennen, Abstand zu nehmen – aber offensichtlich redet er auch hier gegen eine Wand! Den Stadtverordneten scheint gar nicht klar zu sein (oder sie haben es überlesen), dass im Haushalt 2013/2014 bereits 2,5 Mio. Euro allein an Gerichtskosten für diese Zwecke bereitgestellt sind. Wieviel Positives könnte man allein damit bewirken! Die Sportvereine und die Kulturträger wären dankbar!

Merke: Jedes Gemeinwesen hat die Regierung (und die Volksvertretung), die es verdient!