19. 10. 2012 Potsdam braucht ein Stadtfernsehen und keinen kommunalen Kirchenkanal

Der Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg hat am 17. September 2012 entschieden, die Sendelizenz der Potsdam TV GmbH um weitere zwei Jahre zu verlängern. Potsdam behält also sein Stadtfernsehen - was für eine tolle Meldung, möchte man da meinen! Doch die Dinge sind hier leider komplizierter. Denn seit Juni gehört der Sender zu 100% der evangelischen Hoffbauer-Stiftung. Auch wenn viele - und darunter auch die Potsdamer Demokraten - den Kauf seinerzeit kritisch gesehen haben, die Stiftung sieht sich nun natürlich durch die Medienratsentscheidung und das Innenministerium bestätigt.

 

Die Vorbehalte der Potsdamer Demokraten basierten auf folgenden Fragen und sind auch durch Medienrat und Innenministerium nicht ausgeräumt:

 

1.      Darf eine kirchliche Stiftung einen auf Gewinn ausgerichteten Fernsehsender betreiben, der als lokaler Sender letztlich über die Stadt und ihre Probleme, vor allem über die kommunalpolitischen Auseinandersetzungen, objektiv berichten soll? 

Das Innenministerium hat sich – wie die Presse berichtet – auf die Frage konzentriert, ob denn die städtischen Gesellschaften derartige Sponsoringverträge mit nahezu einer halben Million Zuschuss abschließen dürfen. Das Ergebnis konnte nicht anders ausfallen, denn dürfen darf man vieles. Ob es politisch klug war, daran darf gezweifelt werden, auch wenn der OB in den zuständigen Gremien der Stadtverordnetenversammlung mit beredten Worten alle Bedenken zu zerstreuen versucht hat.

2.      Nein, das Innenministerium hätte sich in seiner Eigenschaft als für Stiftungen zuständige Landesbehörde mit der Frage auseinander setzen müssen, ob denn der Betrieb eines kommerziellen Fernsehsenders mit dem Stiftungszweck (§ 2 der Satzung) und den Regelungen über Beteiligungen (§ 4 der Satzung) vereinbar ist. 

Ein einfacher Verweis auf die Zuständigkeit des Konsistoriums der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und schlesische Oberlausitz ist nicht ausreichend, wird doch die steuerlich-rechtlichen Besserstellung der Stiftungen von Staats wegen gewährt, so dass dort auch eine Prüfung stattfinden muss, wenn eine Stiftung sich verändert. Das gilt umso mehr, als im Kuratorium der Stiftung hochrangige Vertreter der Evangelischen Kirche sitzen.

Nach laienhafter Prüfung der Satzung muss man ein deutliches Fragezeichen zur Vereinbarkeit mit dem Stiftungszweck machen, und eine für die Aufsicht der Stiftungen zuständige Behörde könnte durchaus zum Ergebnis kommen, dass der Betrieb eines kommerziellen Fernsehsenders mit dem Stiftungszweck nicht vereinbar ist und deshalb die steuerlich-rechtliche Besserstellung von Stiftungen entzogen werden müsse.

3.      Man muss sich auch fragen, ob denn das Kuratorium der Stiftung weiß, auf welches finanzielle Abenteuer die Hoffbauer-Nachfolger sich eingelassen haben. Wenn schon die Medienprofis von Holtzbrinck den Sender nicht wirtschaftlich betreiben konnten und ihn mit viel Geld am Leben halten mussten, dann spricht doch die Erfahrung dafür, dass die Medien-Laien der Stiftung sich wahrscheinlich übernommen haben.

4.      Und die Spender, die bisher im guten Glauben an den kirchlichen Zweck der Stiftung sowie die Hilfe für Kinder, Behinderte, Alte und andere Benachteiligte dieser Gesellschaft an die Hoffbauer-Stiftung Geld überweisen haben? Werden sie das auch künftig tun, um einen Fernsehsender zu finanzieren? So mancher bereitwillige Spender wird sich künftig fragen müssen, ob seine gut gemeinten Euro nicht am Ende in den Fernsehsender gesteckt werden und nicht etwa in das Hospiz.

 

 

Um nicht gegen ihre Satzung zu verstoßen und damit ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden, muss die Hoffbauer-Stiftung nun also zwangsläufig aus Potsdam TV einen der Diakonie verpflichteten Kirchensender machen. Dadurch entsteht ein Tendenzbetrieb, der zu allem Überfluss auch noch durch die Werbeverträge der drei kommunalen Unternehmen über nahezu eine halbe Million Euro pro Jahr finanziert und gesichert wird.

Dass bei diesem künftigen kommunalen Kirchenkanal keine unabhängige Berichterstattung zu erwarten ist, liegt auf der Hand. Potsdam braucht aber ein kritisches überparteiliches und überkonfessionelles Fernsehen!

 

Die Potsdamer Demokraten sehen die Entwicklung sehr problematisch und zweifeln daran, ob die Hoffbauer-Stiftung, die Evangelische Kirche und die städtischen Gesellschaften sich und dem Sender Potsdam TV letztlich damit einen Gefallen getan haben.

 

Die Potsdamer Demokraten fordern daher den Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg vor der endgültigen schriftlichen Begründung und im Vorfeld seiner nächsten Sitzung am 30. Oktober auf, die Lizenzerteilung noch einmal kritisch zu prüfen. Zumal es mit dem neuen Internetfernsehen POTSDAMEINS einen kompetenten unabhängigen Mitbewerber gibt.  Und sie fordern die Evangelische Kirche sowie das Kuratorium der Stiftung auf, ihre Entscheidungen noch einmal zu überdenken.