5. 1. 2020 Schon wieder Diskussion zum ticketfreien ÖPNV

Augsburg, eine der schönsten Städte Deutschlands, hat – vermutlich unbewusst – die Diskussion um den kostenlosen ÖPNV erneut losgetreten, indem es für Busse und Bahnen die Fahrt zwischen neun Haltestellen in der Innenstadt ticketfrei anbietet. Schon springen bundesweit die Befürworter eines kostenfreien ÖPNV aus der Deckung und fordern zum wiederholten Male – wie in Potsdam – ebenfalls die fahrscheinfreie Nutzung von Bus und Bahn.

An dieser Stelle sollten nicht die Motive der Augsburger Stadtväter oder die Argumente der Befürworter und Gegner eines ticketfreien ÖPNV erneut aufgezählt werden – sie sind hinlänglich durch die jahrelangen Diskussionen bekannt.

Nein, hier soll das Problem noch einmal abstrakt-generell angegangen werden. Dazu muss man wissen, dass die Einnahmen der ViP-Gesellschaft mbH sich zusammensetzen aus den Fahrscheinerlösen (ca. 22 Mio. Euro[1] = 40 Prozent der Einnahmen), einer Binnensubventionierung zwischen den Stadtwerken Potsdam als Muttergesellschaft und der ViP als Tochtergesellschaft (ca. 19 Mio. Euro), einem Verlustausgleich durch die LHP sowie zu einem relativ geringen Teil aus Subventionen des Landes Brandenburg. Die Ausgaben betreffen im Wesentlichen die Kosten für Personal, Fahrzeuge, Fahrwege und Instandhaltung.  

Sollten also durch die Ticketfreiheit die Einnahmen per Fahrscheinverkauf entfallen, muss der Verlust durch den Träger des Nahverkehrs, also durch die LHP, ausgeglichen werden.

Berechnungen des Bundesverbandes der kommunalen Beförderungsunternehmen haben ergeben, dass bei der Ticketfreiheit der Individualverkehr nur äußerst gering abnimmt. Aber vor allem Fußgänger und Radfahrer nutzen zusätzlich Bus und Bahn vor allem bei schlechtem Wetter, so dass zusätzliche Fahrzeuge und damit Personal erforderlich sind. Auch das erfordert zusätzliche Investitionen.

Zusammengefasst erhebt sich bei der Ticketfreiheit die Frage, ob wir Potsdamer Einwohner mit unserer Stadt alle Kosten übernehmen sollen oder ob ein Teil der Leistung von den Nutzern zu tragen ist. Und wenn der kommunale öffentliche Nahverkehr kostenfrei ist, darf man fragen, warum die Stadt- und Landesbibliothek Entleihgebühren für ihre Medien oder die städtischen Bäder und Theater Eintrittsgelder von ihren Besuchern nehmen.

Alle Preise sind mehr oder minder subventioniert. Darf man nicht trotzdem noch erwarten, dass diejenigen, die die kommunalen Leistungen in Anspruch nehmen, wenigstens einen Teil aus der eigenen Kasse begleichen?

„Was nichts kostet, taugt auch nichts“, sagt der Volksmund, und die Kantinenpächter, die in den Schulen das kostenlose Frühstück ausgeben, können ein Lied davon singen. Da darf man fragen, wie denn nach kurzer Zeit die Fahrzeuge des ÖPNV aussehen, wenn sie ohne Entgelt benutzt werden dürfen.

 



[1] Alle Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2016, da es noch keinen neueren Beteiligungsbericht gibt.