20. 9. 2011 Götterdämmerung - Zum Ausgang der Wahlen in unserer Nachbarstadt Berlin

Götterdämmerung

                                         Zum Ausgang der Wahl in unserer Nachbarstadt Berlin

Die Berliner haben gewählt. Die Ergebnisse brauchen hier nicht wiederholt zu werden. Wen es doch interessiert, findet sie am Ende dieses Artikels.

Zur Wahl folgende Anmerkungen:

1.    Zur Wahlbeteiligung.

Die Wahlbeteiligung hat zugenommen und lag mit 60, 2 Prozent deutlich über denen von Kommunalwahlen. Und eine Wahl zum Abgeordnetenhaus Berlin darf man getrost als Kommunalwahl bezeichnen, auch wenn es die Wahl zu einem (lt. Verfassung) Landesparlament war.

Wenn es ´mal irgendwann zu einem Zusammenschluss von Berlin und Brandenburg kommt, ist es tatsächlich eine Kommunalwahl. Und warum kommt es nicht zu einem Zusammenschluss der beiden Länder, der nicht nur aus finanzieller Hinsicht erstrebenswert wäre? Weil dann die Landespolitiker und die Landesbeamten in führender Position in Berlin (und auch in Brandenburg) ihre Pfründe verlieren würden. Also wurschteln sie weiter in ihren Pleite-Ländern ohne Rücksicht auf den Steuerzahler. Wir sind eben auch kleine Griechen!

2. Wowereit und die SPD

Die SPD jubelt, und die Jungsozialisten schlagen Wowereit schon für die Nominierung als Bundeskanzlerkandidat vor. Aber hinter diesem „Wahlsieg“ darf man getrost ein Fragezeichen machen. Denn die SPD hat mit 2,4 Prozent mehr verloren als ihr Koalitionspartner Die LINKE, die „nur“ 1,8 Prozent verloren hat.

Wowereit hat auch seinen Wahlkreis in Charlottenburg an einen No-Name – CDU- Konkurrenten verloren. Er fühlte sich so siegessicher, dass er sich nicht über die Liste absichern ließ, und darf im neuen Parlament nicht mehr zu seinen eigenen Gesetzesvorschlägen abstimmen.

Wie schon Wotan in Wagners Ring des Nibelungen bemerkt auch er nicht die eigene Götterdämmerung.

Dass die SPD auch in den Bezirksparlamenten deutliche Verluste eingefahren hat, sei nur am Rande erwähnt. Aber positiv ist zu bemerken, dass sie sowohl im Ost- als auch im Westteil der Stadt vor den LINKEN die stärkere politische Kraft wurde, wenn auch im Ostteil nur mit hauchdünner Mehrheit

3. Die Linken

Die Linken haben zwar nur 1,8 Prozent ihrer Stimmen verloren und werden von den politischen Mitbewerbern und der Presse gern als die Verlierer der Wahl dargestellt. Gleichwohl: Der wirkliche Verlierer des rot-roten-Senats war die SPD (vgl. oben).

Aber die Linken blieben im Westteil der Stadt mit 4,3 Prozent erneut unter der 5-Prozent-Marke. Sollte es doch einen intellektuellen Unterschied zwischen den beiden Teilen geben?

4.    FDP

 Die FDP wurde mit 1,8 Prozent der Stimmen erneut deutlich abgewatscht. Ihr Verfall kann einem schon leid tun, zumal die politischen Aussagen ihres Bundes-Chefs Rösler zu Griechenland durchaus nachdenkenswert sind.

Aber man sollte sich auch an die FDP zu alten Bundeszeiten in Bonn erinnern, als sie – egal mit wem sie koalierte – den jeweiligen Seniorpartner drangsalierte und als „Schwanz mit dem Hunde wedelte“. Einmal hat sie sogar durch einen Koalitionsbruch den Kanzler gestürzt. Brauchen wir eine solche Partei wirklich auch heute noch? 

Trotz allem ein deutliches JA ! Das liberale Element gehört zu unserem Staat wie das Salz in der Suppe, denn wir haben einen „freiheitlich“-demokratischen Rechtsstaat, auf den wir trotz aller Probleme stolz sein können und müssen.

5.    Die Grünen

 Auch die Grünen haben ihr Wahlziel nicht erreicht, obwohl sie 4,5 Prozent an Stimmen hinzugewonnen haben. Sie, die sich seinerzeit unter Bundekanzler Helmut Schmidt und dessen NATO-Nachrüstungsbeschluss von der SPD abgespalten haben und 1982 als „Spaßpartei“ erstmals in den Bundestag gekommen sind, sind heute überall das Zünglein an der Waage. Viel zu viel Ehre für diese Partei, die sich vor Stolz ob des Atomunfalls in Japan an hohe Zugewinnraten 2011 bei den Wahlen in Deutschland gewöhnt hatte.  

Und das, obwohl die Grünen heute mehr als früher als Dauerverweigerer und Partei gegen alles auftreten und sich unverantwortlich hinter bzw. vor jede Bürgerinitiative stellen.

6.    Die Piraten

Die Piraten  sind mit 9,0 Prozent der Stimmen für die Grünen eine echte Konkurrenz geworden, haben sie doch keine politischen Inhalte („mehr Transparenz“) und verstehen sich ebenfalls als politische Spaßkraft. Hier kann man nur am Verstand des Berliner Wählers zweifeln – offensichtlich ist ihm alles egal, Hauptsache er verpasst den „etablierten“ Parteien einen Denkzettel.

Und die Presse nimmt dieses sonderliche Völkchen schon wieder wohlwollend auf, wie sie es früher mit den Grünen gemacht hat. Das ist die eigentliche Gefahr für die Grünen, die sich bisher immer des Wohlwollens der Presse erfreuen konnten und nun  einen Mitbewerber haben, der bzw. dessen führende Gesichter eher dem Jugendwahn der heutigen Zeit entsprechen.

7.    CDU

Bleibt noch die CDU, die nach langer Zeit endlich wieder einmal einen Stimmengewinn (+ 1,9 Prozent) – wenn auch auf einem äußerst niedrigen Niveau - verbuchen konnte. Ist sie wirklich besser oder sind die anderen nur schlechter geworden? Immerhin, sie scheint geeint und wirkt nicht mehr so zerstritten wie vor Henkel.

Sie hat auch in den Bezirksparlamenten zum Teil deutlich zugelegt und stellt wieder mehr Bezirksbürgermeister.

Und in Berlin-West ist sie wieder die stärkste Kraft vor der SPD!

Wenn das nichts ist!

Zusammenfasung:

Es gibt bei allen etablierten politischen Parteien mehr Grund zum Klagen als zur Freude, zumal der Wähler/die Wählerin wieder einmal nicht für klare Mehrheiten gesorgt hat. So muss man denn in Koalitionsverhandlungen gehen, und der später entstehende Koalitionsvertrag, egal ob mit den Grünen oder der CDU, wird ein Kompromiss sein, der wie alle Kompromisse auch ein Stück weit ein fauler sein wird.


 

Hier das vorläufigei Endergebnis:

 

Zweitstimmenanteile ausgewählter Parteien
in Berlin, Berlin Ost, Berlin West und in den Bezirken


Region Wahl-
beteiligung
Stimmanteile in Prozent Gewinne / Verluste in Prozentpunkten
SPD CDU GRÜNE DIE
LINKE
FDP Piraten Sonstige SPD CDU GRÜNE DIE
LINKE
FDP Piraten Sonstige
 
Berlin 60,2 28,3 23,4 17,6 11,7 1,8 8,9 8,3 -2,5 2,1 4,5 -1,7 -5,8 8,9 -5,4
Berlin-Ost 57,8 28,8 14,2 13,5 22,6 1,2 10,1 9,6 -1,0 2,8 3,0 -5,5 -3,7 10,1 -5,8
Berlin-West 61,9 28,0 29,5 20,4 4,3 2,3 8,1 7,4 -3,4 1,8 5,6 0,1 -7,0 8,1 -5,2
Mitte 55,9 28,7 17,9 22,5 11,0 1,7 10,4 7,9 -3,8 0,8 5,4 -1,7 -5,2 10,4 -5,9
Friedrichshain-Kreuzberg 62,2 23,9 8,4 30,2 13,0 1,0 14,7 8,8 -6,2 -0,3 3,6 -3,8 -3,1 14,7 -4,9
Pankow 60,6 29,1 13,8 19,1 17,8 1,3 10,5 8,3 -1,3 2,1 3,2 -4,5 -3,7 10,5 -6,5
Charlottenburg-Wilmersdorf 65,1 31,2 28,2 21,7 3,6 3,0 6,9 5,3 -2,9 1,9 5,3 -0,1 -7,4 6,9 -3,8
Spandau 58,1 31,7 34,2 12,5 3,7 2,1 7,3 8,5 -1,7 3,0 4,2 -0,1 -6,4 7,3 -6,4
Steglitz-Zehlendorf 69,8 25,1 36,2 21,1 3,0 3,0 6,4 5,3 -2,7 4,5 5,4 0,0 -9,7 6,4 -3,6
Tempelhof-Schöneberg 64,1 27,1 28,9 23,0 4,0 2,0 7,8 7,1 -4,0 1,9 6,1 0,0 -7,2 7,8 -4,8
Neukölln 57,2 27,4 26,7 17,9 5,6 1,8 9,6 11,0 -4,0 -1,9 6,6 0,6 -5,9 9,6 -4,9
Treptow-Köpenick 60,9 28,9 15,9 10,7 23,0 1,2 9,3 11,1 -2,8 3,3 3,8 -4,5 -3,8 9,3 -5,2
Marzahn-Hellersdorf 51,0 28,1 17,5 5,6 27,4 1,3 8,7 11,4 0,6 4,4 1,3 -5,1 -3,5 8,7 -6,5
Lichtenberg 53,5 30,9 12,3 7,6 29,0 0,9 9,3 10,0 1,5 2,7 2,4 -6,6 -3,3 9,3 -5,9
Reinickendorf 62,2 28,1 38,4 13,6 3,3 2,3 6,7 7,5 -2,1 5,3 4,7 0,1 -7,3 6,7 -7,5